Die Tiefbaubranche befindet sich auf dem Weg von der Automatisierung zur Autonomie
Magnus Thibblin, President Machine Control, Hexagons Geosystems Division
Die Nutzung technologiegestützter Lösungen auf der Baustelle wird im digitalen Zeitalter zu einem Muss, um Effizienz, Profitabilität, Qualität und Sicherheit zu verbessern, Mitarbeiter anzuziehen und gleichzeitig Zeit-, Kosten- und Umweltauswirkungen zu reduzieren.
Heute sind wir uns alle der Vorteile des Einsatzes von Maschinensteuerungs- und Automatisierungstechnologie im Tiefbau bewusst. Doch wie geht es nun weiter?
Die Ära der Autonomie steht vor der Tür. Damit Bauunternehmen auf dieses höhere Maß an Autonomie vorbereitet sind, müssen wir Baulösungen neu erfinden, mit denen unsere Kunden ihre Transformation zur Autonomie souverän beginnen können.
Maschinensteuerung: von der Spurführung bis zur Automatisierung
Maschinensteuerungslösungen nutzen Daten aus Quellen wie 3D-Modellen, um Baumaschinen zu führen, mit verbesserter Standortreferenzierung, um eine genaue waagerechte und senkrechte Positionierung für präzises Planieren, Fräsen oder Asphaltieren zu ermöglichen. Die Maschinensteuerungstechnologie bezieht sich auf die Position der Schneidkanten oder Fahrbahnformen mithilfe von GPS-Satelliten, Robotic Totalstationen, Lasern oder Kombinationen dieser Verfahren.
Die Maschinensteuerung ist eine subtile, oft unsichtbare Art der Automatisierung, die ein neues Licht auf die Autonomie wirft, die die Tiefbaubranche anstrebt.
Beispielsweise sind Halbautomatisierung und Automatisierung bereits vorhanden, die alles von den Maschinen auf der Baustelle bis hin zu den Daten umfassen, die von den Maschinen ins Büro übertragen werden.
Halbautomatisch: ein Schritt in Richtung Autonomie
Kürzlich haben wir die halbautomatische Baggerlösung auf den Markt gebracht, die den Anwender schnell und reibungslos zur perfekten Zieltiefe führt. Da halbautomatische Lösungen weniger Personal vor Ort erfordern, tragen sie dazu bei, den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Wir gehen davon aus, dass die Anwendung im nächsten Schritt noch schneller, genauer und benutzerfreundlicher wird. Wir arbeiten auch an Lösungen, die die Überprüfung und Validierung von Daten vereinfachen, um Prozesse zu beschleunigen und weniger fehleranfällig zu machen.
Mehr Sicherheit: ein unvermeidlicher Schritt hin zu autonomen Applikationen
Neben Produktivität und Rentabilität ist Sicherheit ein weiteres zentrales Anliegen in der Branche. Autonomie würde ein inakzeptables Sicherheitsrisiko darstellen, wenn Sensoren die Bediener nicht unterstützen und die Menschen, die in der Nähe schwerer Maschinen arbeiten, nicht schützen. Daher unternehmen wir große Anstrengungen, um das Bewusstsein der Fahrer zu schärfen und den Bedienern zu helfen, die Dinge um sie herum zu sehen.
Beispielsweise verbinden unsere modularen Lösungen für Sicherheitsbewusstsein, Leica iCON PA10 und PA80, Menschen und Fahrzeuge mit dem System. Wir schaffen ein Bewusstsein vor Ort und verwenden Warnsignale, die anzeigen, wenn sich die Benutzer in der Nähe eines Autos oder Lastwagens befinden. Diese Lösung kann Leben retten. Letztendlich wollen wir die Maschinen in ein Ökosystem des Sicherheitsbewusstseins integrieren – was in Anbetracht der Tatsache, dass wir bereits ganze Standorte miteinander vernetzen, denkbar ist.
Autonome Lösungen zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks
Nachhaltigkeit ist ein weiteres Anliegen der Branche, das Hexagon angehen möchte, indem es Technologien nutzt, die sich auf der Baustelle und im Büro auswirken, um Produktivität, Effizienz und Qualität im großen Maßstab zu steigern. Das Ergebnis: weniger Materialeinsatz und weniger Abfall.
Zum Beispiel die 3D-Maschinensteuerung für den Einbau zur Regelung der Materialdicke, die dazu beiträgt, kostspielige Heißasphaltmischungen und Energie für deren Herstellung und Transport zu sparen.
Die Wahl einer wirkungsvollen, ganzheitlichen Lösung bedeutet, dass die Arbeit in weniger Stunden richtig erledigt wird – die richtige Erde zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit besserer Qualität und Genauigkeit zu bewegen, um kostspielige Nacharbeit zu vermeiden. Und die potenziellen Auswirkungen sind enorm.
Die Baubranche macht 13 % des weltweiten BIP aus. Die Menge des ausgestoßenen CO₂ und die verbrauchten Ressourcen sind astronomisch. Eine 1 %ige Verbesserung der CO₂-Reduktion durch Kraftstoffeffizienz, Transport und andere Mittel hat eine direkte Reduzierung von 0,12 Gigatonnen CO₂ pro Jahr zur Folge.
So gibt es allein in den USA über vier Millionen Meilen an Straßen. Wenn wir das Recycling von vorhandenem Asphalt durch neue Aufbereitungsverfahren um 1 % verbessern können, z. B. durch präzises Fräsen oder 3D-Maschinensteuerung beim Asphalteinbau, um die Verschwendung von unnötigem heißem Asphaltmischgut zu verringern, ist das gut.
1 % in unserer Branche hat massive Auswirkungen, und die werden dringend benötigt.
Daten sind das neue Gold
An der Datenfront gibt es keine Autonomie ohne Echtzeitzugriff auf Daten und unmittelbar generierte Erkenntnisse, die den Entscheidungsprozess antreiben.
Daher statten wir unsere Maschinen mit mehr Sensoren aus und fügen zusätzliche Berechnungsmöglichkeiten hinzu. Kameras, GPS und Smart-Software ermöglichen Projektmanagern, Baustellenleitern und Anwendern schnellere und bessere Entscheidungen. Wir schaffen auch einen effektiveren Datenpfad vom Außendienst zum Büro und umgekehrt, damit jeder zur richtigen Zeit auf die richtigen Daten zugreifen kann.
Obwohl die Generierung von mehr Datenpunkten durch den Einsatz verschiedener Sensoren enorm wertvoll ist, wird es entscheidend sein, die richtigen Informationen daraus extrahieren zu können. Wir vereinfachen den Datenfluss, indem wir alle Feldgeräte miteinander verbinden und die Daten in die Cloud übertragen. Wir benötigen einfache Wege, um relevante Daten im richtigen Format zur Verfügung zu stellen, je nach Rolle und Funktion der Zielgruppe, seien es Vermessungsingenieure, Vorarbeiter oder Projektmanager.
Arbeitsabläufe müssen einfach zu übernehmen und zu nutzen sein
Die Zukunft der Bauprozesse und der Autonomie bedeutet nicht, dass die Arbeitsabläufe komplex sind oder die Lösungen eine lange Lernkurve aufweisen. Ganz im Gegenteil. Wir haben viele verschiedene Kunden mit sehr unterschiedlichen Arbeitsabläufen. Unsere Lösungen müssen so anpassungsfähig sein, dass sie die Übernahme unserer Technologie in allen Bereichen, vom Außendienst bis zum Büro, erleichtern. Benutzerfreundlichkeit hat Priorität.
Die technologischen Anforderungen sowie der Grad der Akzeptanz und Einführung sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Unsere Lösungen müssen flexibel genug sein, um auf eine Vielzahl von Anforderungen reagieren zu können. Unser Ziel ist es, Wege zu finden, um die Nutzung von Systemen und Daten zu erleichtern. Dies wird unseren Kunden helfen, den Fachkräftemangel zu bewältigen, die Effizienz zu steigern und kostspielige Fehler zu vermeiden.
Technologieakzeptanz beginnt im Werk
„Wenn ihr weit gehen wollt, geht gemeinsam“, sagte Ratan Tata. Und diese Philosophie könnte nicht richtiger sein, wenn es darum geht, die gesamte Branche auf dem Weg zur Autonomie voranzubringen.
Erstausrüster (OEMs) spielen eine entscheidende Rolle bei der Einführung von Technologien. Und wir glauben an die Kraft der Zusammenarbeit. Immer mehr Maschinen werden werkseitig mit 2D- und 3D-Sensoren ausgestattet, weil wir mit ihnen zusammenarbeiten und weil der Markt dies verlangt.
Auch die Marktnachfrage hilft bei der technologischen Entwicklung autonomer Lösungen. Sie stellt sicher, dass OEMs solche Lösungen während des Entwicklungsprozesses berücksichtigen. Wenn ein OEM ein neues Modell einer Maschine entwickelt, können wir den Herstellern helfen, die geeignete Technologie für die Bedürfnisse der Kunden einzusetzen.
Schritt für Schritt
Autonomie erreicht man nicht über Nacht. Unsere Technologie ebnet den Weg zu einem autonomeren und vernetzteren Ökosystem.
Heute ermöglichen 2D- und 3D-Sensoren bereits teilautomatisierte oder automatisierte Prozesse. Der Übergang zu autonomeren Zyklen erfolgt schrittweise, wobei mit jedem Schritt Akzeptanz und Zustimmung wachsen. Heute befinden wir uns in den Schritten zwei und drei der sieben bis acht Schritte, die notwendig sein werden, um vollständig autonome Abläufe zu erreichen. Es mag eine Weile dauern, bis der letzte Schritt der Autonomie erreicht ist, aber die Branche macht jedes Jahr Fortschritte, und es kann schneller gehen, als wir denken.