Fallstudieohne Wartezeit Zum Ergebnis

TVL Toeleveringsbedrijf van Landuyt NV - Belgien

Nur fünfzig Mikrometer beträgt die Toleranz der Achsbohrungen eines tonnenschweren Getriebegehäuses, das später in eine Windenergieanlage eingebaut wird. Das reproduzierbare Messen der komplizierten und schwer zugänglichen Formen meistert der belgische Hersteller in knapp 30 Minuten mit einem Leitz-Präzisionsmessgerät von Hexagon Manufacturing Intelligence, Wetzlar.

Seit einigen Jahren veredelt das Unternehmen TVL Toeleveringsbedrijf van Landuyt NV im belgischen Wetteren Getriebegehäuse für Windenergieanlagen. Im Jahre 2000 wurden etwa 100 Gehäuse bearbeitet, heute sind es bereits 900 Gehäuse jährlich.

TVL fertigt Getriebegehäuse bis zu 2500 mm Länge und Innendurchmessern bis 2000 mm für 5 Megawatt Windkraftanlagen. Die Toleranz für eine Bohrung von 650 mm beträgt z. B. nur ± 25 μm und muss bei jedem Getriebegehäuse belegbar gemessen werden. Somit ist die Bohrung nur auf 0,008 % eines Nennmaßes toleriert.

Dazu TVL Geschäftsführer Geert van Landuyt: “Die großen Getriebegehäuse konnten wir in unserem Betrieb nicht messen. Deshalb hatten wir mit einem Dienstleister in Deutschland zusammengearbeitet, der über das erforderliche Equipment verfügte.” Doch mit wachsenden Stückzahlen sei der Transport zum Dienstleister zur Kostenfalle geworden. “Wir haben uns für ein eigenes Koordinatenmessgerät entschieden.”

Seit November 2005 wird jedes der vier Tonnen schweren Getriebegehäuse auf dem Präzisionsmessgerät Leitz PMM-F von Hexagon Manufacturing IntelligenceGmbH gemessen.


Temperaturfühler ermöglicht das Messen unter Fertigungsbedingungen

Dazu setzt man die Gehäuse in einen Messraum um, der die gleichen klimatischen Bedingungen wie die Fertigung aufweist. So entfallen die sonst üblichen Wartezeiten zur Werkstücktemperierung. Derzeit wird bei TVL im Zweischicht-Betrieb, in bestimmten Bereichen auch im Dreischicht-Betrieb gearbeitet und somit auch rund um die Uhr fertigungsnah “in Time” gemessen.

Die Größe des Messgerätes ist entsprechend der zu messenden Getriebegehäuse beachtlich: Mit 4,5 Metern Länge, 4,36 Metern Breite, 5,09 Metern Höhe bietet es ein Messvolumen von 3000 x 2000 x 1600 Millimeter. Dabei bringt das Gerät immerhin 28 Tonnen auf die Waage. Für einen sicheren und schwingungsfreien Stand wurde das Messgerät auf ein eigens dafür gegossenes Betonfundament gesetzt. Der U-förmige Grundkörper aus grauem Granit nimmt gegenüber schwarzem Granit nur geringe Luftfeuchtigkeit auf, was der Stabilität der Messergebnisse ebenfalls zugute kommt.

Die Getriebegehäuse werden mit dem Kran transportiert und in den Messbereich der PMM-F platziert. Nach einer vollautomatischen Positionserkennung durch das Messgerät und der Aktivierung des Temperaturfühlers am Werkstück kann das eigentliche Messen starten. Der Fühler erfasst die aktuelle Temperatur des Getriebegehäuses und das Messprogramm bezieht diese Information bei deren Auswertung mit ein. Die Messpunktaufnahme geschieht in nur knapp 30 Minuten. Darin enthalten sind auch einige Messpunkte an schwer zugänglichen Stellen des Gehäuses.


Genauigkeit, Messgeschwindigkeit, Betreuung und Preis stimmen

Van Landuyt konfrontierte drei ausgewählte Hersteller mit der Aufgabe, die Achs- und Lagerbuchsen an einem Getriebegehäuse auf Parallelität, Geradheit und Genauigkeit des Durchmessers zu messen.Die Ergebnisse fielen sehr unterschiedlich aus. Einzig die Leitz-Ergebnisse stimmten mit hoher Reproduzierbarkeit und einer nachgewiesenen Messunsicherheit von 2,5 μm sehr gut überein. Bei dem Leitz-Koordinatenmessgerät passte einfach alles: Genauigkeit, Geschwindigkeit, die personelle Betreuung – und nicht zuletzt der Preis.

Die Abmessungen der großen Achsöffnungen des Getriebegehäuses wurden durch jeweils 20 einzelne Messpunkte ermittelt. Dabei beeindruckte die hohe Beschleunigung der Messpinole beim Anfahren der Messpunkte, die zu kürzeren Messzeiten führte.Mit dem Leistungsspektrum des Koordinaten-messgerätes sind Geert van Landuyt und die Messtechniker sehr zufrieden.


Tasterwechselbank wird beweglich

Beim Aufbau sind viele Faktoren zu berücksichtigen: wie genau soll das Gerät messen, welche Messpunkte sind anzufahren und welche Besonderheiten sollten beachtet werden? Diese Fragen lassen sich nur in direkter Abstimmung mit dem Anwender beantworten. Die enge Kooperation zwischen Hersteller und Anwender führte schließlich zu einem weiteren speziellen Merkmal: der beweglichen Tasterwechselbank.

Komplexe Prüfungen großer Werkstücke erfordern in der Regel auch automatische Tasterwechsel während der Messung, da nicht jeder Taster alle Messpunkte erreicht. Eine herkömmliche Tasterwechselbank an einem Ende des Messvolumens engt jedoch den Aktionsradius des Tastsystems gerade bei besonders langen Tasterkonfigurationen enorm ein. Zu viel aktiver Messraum geht durch eine starr montierte Tasterwechselbank verloren. Die neu entwickelte bewegliche Tasterbank schwenkt sich im Anschluss an einen erfolgten Tasterwechsel eigenständig aus dem Messvolumen aus.

Somit steht das gesamte Messvolumen für die folgenden Tasterpositionierungen zur Verfügung. Der eingewechselte Taster beginnt sofort mit der Messung.

Bei Leitz wird jedes Messgerät in der eigenen Fertigungshalle komplett montiert, justiert, eingemessen und auf die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen getestet. Ausgeliefert wird das Gerät komplett vormontiert, allerdings ohne Y-Schlitten, den man erst beim Aufbau aufsetzt. Die Geometrieabweichungen der Achsen werden dann vor Ort mit Hilfe einer Lasermessung korrigiert. Testmessungen weisen die im Datenblatt verzeichneten Parameter nach. Durch die spezielle Konstruktion des Gerätes und die lineare Kraft-Wege-Kennlinie des Leitz-Tastkopfes ergibt sich eine außergewöhnlich hohe reproduzierbare Antastung.


High-Speed-Scannen, Kollisionsschutz und universelle Software – eine runde Sache

Zudem demonstriert Leitz beim High-Speed-Scannen das Können des Messgerätes. Ein integrierter Kollisionsschutz bei allen Bewegungen der Messpinole verhindert das Beschädigen des Meßsystems.

Die geräteunabhängige Auswerte-Software QUINDOS läuft inzwischen auf allen TVL-Geräten, die damit “Gleich” bedienbar sind. Der Unterschied liegt nur in der spezifischen Ausrüstung der schon bei TVL vorhandenen Messgeräte, wie zum Beispiel einer vertikalen oder horizontalen Messpinole.

Weitere Vorteile der universell eingesetzten Software sind die Austauschbarkeit der Messprogramme zwischen den verschiedenen Messgeräten sowie das Zusammenfügen von statistischen Dateien oder Protokollen. Das minimiert bei TVL zum einen die Kosten für die Software-Pflege ihrer speziellen Messprogramme als auch für die Nachschulung ihres Personals im Messraum, da in Zukunft auf allen Geräten zu jeder Zeit die gleichen Releases installiert werden.