Digitaler Zwilling vereinfacht Dokumentation von Abbruchprojekten
Autor: Tobias Scharpenberg
Bei der FISCHER Weilheim GmbH & Co. KG sind Abbruch und Rückbau Präzisionsarbeiten innerhalb sorgfältig definierter Arbeitsabläufe und Zeitpläne. Insbesondere bei Brücken über wichtige Straßenverbindungen, die schnellstmöglich wieder geöffnet werden müssen, sind die Zeitfenster für die Ausführung der einzelnen Arbeitsabläufe eng. Für eine effiziente und zukunftsfähige Bestandsdokumentation der Infrastruktur testet das Unternehmen den Einsatz von 3D-Laserscannern.
Der Lebenszyklus der Infrastruktur
Der Lebenszyklus von Infrastrukturen umfasst die Phasen Design und Planung, Bau, Nutzung und Instandhaltung, Modernisierung sowie Abbruch, Recycling und Entsorgung. Die Tiefbaubranche ist ein vielfältiger Sektor, in dem in diesen Phasen täglich viele verschiedene Bauarbeiten von einer Reihe von Auftragnehmern und ihren Subunternehmern durchführt werden. In der Regel liegt der Fokus auf der Planung und Durchführung von Erdarbeiten und der Instandhaltung von Infrastrukturen. Im Tiefbau geht es aber um mehr als nur um das Bewegen von Erde. Geplante Abbrucharbeiten gehören ebenso zu den Aktivitäten vieler Tiefbauunternehmen wie Aushub, Feinplanie und Transport.
Digitale Lösungen haben in den letzten Jahren in allen Bauabschnitten eine zentrale Rolle gespielt, um Projekte wirtschaftlich, genau, sicher, zukunftsfähig und rentabel zu realisieren. Von der Positionierung und Vermessung von Belägen, Räumen und Standorten über die Vorbereitung und Mobilisierung wertvoller Ressourcen bis hin zur Durchführung der Bauarbeiten nehmen Daten und deren Verarbeitung eine Schlüsselrolle ein. Das gilt auch für moderne Abbruchprojekte. Vor allem die Bestandsdokumentation mit 3D-Laserscannern vor dem Abbruch bietet viele Vorteile und ist ein echter Game-Changer bei der Rechnungsstellung.
Alles aus einer Hand
Als führender Spezialist für Transportlogistik, Kreislaufwirtschaft und Recycling in Deutschland übernimmt die FISCHER Weilheim GmbH & Co. KG Verantwortung für Umwelt, Menschen und eine lebenswerte Zukunft. Deshalb setzt das Unternehmen für seine Projekte auf ein genaues Datenmanagement und zeitgemäße Technologien. Nach einjähriger Testphase mit Produkten verschiedener Lieferanten entschied sich das Unternehmen, seinen Maschinenpark mit der Maschinensteuerungslösung Leica MC1 von Leica Geosystems auszustatten.
Bei FISCHER Weilheim sind Bau- und Vermessungsarbeiten integrierte Prozesse. Sven Molt leitet das Team von acht Vermessungsingenieuren, die neben den klassischen Vermessungsarbeiten auch für die 3D-Maschinensteuerung des Fuhrparks verantwortlich sind. Ein wesentlicher Aspekt der Arbeit ist das digitale Datenmanagement. Von der Vermessung der Geländebedingungen über die Erstellung der Entwurfsdaten bis hin zum Ausfüllen der Bestandsdokumentation für die Rechnungsstellung ist das Team in alle Phasen von Tiefbauprojekten eingebunden.
Zu den Aufgaben der Abteilung gehört auch die Abrechnung von Abbruchprojekten. Bisher hat das Team die erforderliche Vermessung manuell durchgeführt. Da dieser Prozess zeitaufwändig und fehleranfällig ist, will das Unternehmen auch in diesem Bereich auf moderne Technologien setzen. Nach den positiven Erfahrungen mit der Vermessungsausrüstung und der 3D-Maschinensteuerung soll nun eine Lösung von Leica Geosystems für die Umgebungserfassung getestet werden.
Smart Digital RealityTM: Ein Digitaler Zwilling als optimale Grundlage für Ihre Rechnungsstellung
„Es kommt immer häufiger vor, dass man bei der Abrechnung detailliertere Unterlagen vorlegen muss“, erklärt Molt. „Festpreise und Paketangebote sind für beide Seiten ein Risiko, das manchmal für die eine, manchmal für die andere günstig endet.“ Aus diesem Grund wird bevorzugt die Kubatur, also das Volumen des Objekts, als Berechnungsgrundlage herangezogen. Dazu wird die äußere Hülle des Objekts gemessen und anschließend das Volumen des Materials berechnet.
Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, empfiehlt das Team von Leica Geosystems den Einsatz einer 3D-Laserscanning-Lösung. Dies ermöglicht die Nachbildung der physischen Welt und deren Umwandlung in eine virtuelle Umgebung. Ein Digitaler Zwilling des Abbruchobjekts wird mit herausragender Geschwindigkeit und höchster Qualität erfasst. Alle wertvollen und nützlichen Informationen können für eine bessere Zusammenarbeit durch benutzerfreundliche Softwarelösungen visualisiert, extrahiert, analysiert und weitergegeben werden. Das schafft Wettbewerbsvorteile und ermöglicht es, auch unter schwierigsten Bedingungen komplexe Geometrien mit maximaler Produktivität zu erfassen. Die exakte Berechnung des Volumens eines Objekts erfolgt mit wenigen Klicks.
3D-Umgebungserfassungslösung liefert zuverlässige Daten in Rekordzeit
Molt möchte diese Lösung unter realen Bedingungen testen. Im Rahmen eines größeren Projektes wurde FISCHER Weilheim mit dem Abriss von insgesamt sieben Brücken beauftragt. Das Projekt begann mit zwei Brücken, die in Süddeutschland über die Autobahn A8 führen. Wie bei solchen Projekten üblich, war das Zeitfenster für die Vermessungsarbeiten sehr knapp bemessen: Beide Brücken mussten an einem Tag gescannt werden, da am Folgetag bereits Abbrucharbeiten stattfinden sollten.
Am Tag vor der Vermessung lagen die Brückenpfeiler bereits frei. Dieser Schritt ist notwendig, um das Abbruchmaterial der Brücken korrekt zu recyceln und den gesamten umbauten Raum der Brücken ohne zusätzlichen Aufwand erfassen zu können. Für eine schnelle und zuverlässige Bestandsdokumentation im gegebenen Zeitraum empfiehlt Leica Geosystems den terrestrischen 3D-Laserscanner Leica RTC360.
Die Lösung sorgt für maximale Produktivität, da sie mobil, schnell und genau ist. Gleichzeitig bietet sie einen hohen Automatisierungsgrad und ist einfach zu bedienen. Jeder Scan erzeugt hochauflösende Punktwolken und HDR-Bilder (High Dynamic Range) in weniger als zwei Minuten. Mithilfe der erweiterten VIS-Technologie (Visual Inertial System) zeichnet der Laserscanner automatisch seine Position und Ausrichtung auf, während er zwischen den Aufstellungsorten bewegt wird. Dies ermöglicht vor Ort die unmittelbare Darstellung der Scandaten an ihrer tatsächlichen Position in der App des Leica Cyclone FIELD 360 auf einem Tablet oder Smartphone. Scans und Bilder werden automatisch erfasst, vorregistriert und verifiziert, was eine Qualitätskontrolle und Datenregistrierung in Echtzeit vor Ort ermöglicht und die Verarbeitungszeit im Büro minimiert.
Nach einer kurzen Begehung der Baustelle werden die Aufstellorte des Laserscanners unter Berücksichtigung der Gefahrenbereiche ermittelt. Um trotz fließendem Verkehr das gesamte Objekt zu erfassen, werden die Brücken aus jeweils ca. 12 verschiedenen Positionen gescannt. Zusätzlich werden drei bis vier Punkte pro Brücke mit dem GNSS-Rover Leica iCON gps 70 abgesteckt. Dies ermöglicht die Kombination der einzelnen Scans zu einer einzigen georeferenzierten Punktwolke, die exakte Daten mit einer hohen Informationsdichte liefert.
Zur Berechnung des umbauten Raums der Brücken werden die Punktwolkendaten zunächst optimiert und in der Software Leica Cyclone REGISTER 360 über automatisierte Arbeitsabläufe erfasst. Die Daten werden dann an die Leica Cyclone 3DR-Software übermittelt, die ein umfangreiches Punktwolkenmanagement mit automatisierter Analyse und Modellierung bietet, einschließlich einfacher Schritte für die Vermessung, Bearbeitung und Inspektion des Digitalen Zwillings.
Zur Berechnung der Belastung der Brücken werden die Punktwolkendaten in ein vermaschtes 3D-Modell umgewandelt: Jeweils drei geometrisch benachbarte Messpunkte bilden ein Dreieck, um zusammen die Oberfläche der gescannten Objekte darzustellen. Die Software liefert die für die Abrechnung des Abbruchvorhabens notwendigen Informationen und ermöglicht eine einfache Validierung der Informationen durch Visualisieren der Daten.
Cyclone FIELD 360
Cyclone REGISTER 360
Cyclone 3DR
Genaue Daten lassen keinen Raum für Diskussionen
Sven Molt gefällt der Prozess mit der Lösung von Leica Geosystems: „Aus meiner Sicht ist es ein großartiges Gerät. Es geht einfach, schnell und unkompliziert. Wir haben beide Brücken innerhalb eines halben Tages gescannt. Ohne den Laserscanner wäre der Aufwand viel höher gewesen. Wir hätten viele Zielmarken an den Brücken befestigen und sie mit einer Totalstation vermessen müssen. Wenn Fehler auftreten oder ein Bereich übersprungen wird, ist das ein Problem, denn am nächsten Tag ist die Brücke weg. Es gäbe keinen Digitalen Zwilling.“
Mit der RTC360-Lösung kann Infrastruktur schnell und genau digitalisiert werden, bevor sie abgerissen wird. Automatisierte Prozesse maximieren die Produktivität und die Qualitätskontrolle vor Ort eliminiert Fehler. Das Ergebnis ist die Grundlage für eine Smart Digital RealityTM, die es ermöglicht, Messungen zu validieren und Details des Digitalen Zwillings jederzeit zu untersuchen, auch nach dem Abriss des physischen Objekts. Die Technologie bietet Molt eine völlig neue Grundlage für die Abrechnung von Abbruchprojekten: „Auch später hat man noch das ursprüngliche Objekt als Beweis vor sich. Man kann bis ins kleinste Detail messen. Das erspart viele Diskussionen und erleichtert den Abrechnungsprozess erheblich.“